Projektbesuch Juli 2021

Projektbesuch Juli 2021

Die Corona-Pandemie hat auch in der Dominikanischen Republik ihre schmerzlichen Spuren hinterlassen; viele Menschen, die im informellen Sektor arbeiten – ohne jeglichen Arbeitnehmerschutz – haben ihre Beschäftigung verloren. Aufgrund der sehr rudimentären medizinischen Versorgung sind auch jüngere Opfer zu beklagen. Auch in La Vega zeigt sich: Die Krise macht die Armen noch ärmer. Und doch habe ich während meines Aufenthaltes viel Lebensmut und Dankbarkeit angetroffen.

Zu Besuch bei Julio und seiner Familie. Uns ist es wichtig, auch über Jahre hinweg einzelne Menschen treu zu begleiten. Julio gehört zu diesen Menschen. Nach wie vor ist sein Zustand bedauernswert. Er verbringt sein Leben im Rollstuhl, ohne Perspektiven auf eine Verbesserung. Wir versuchen sicherzustellen, dass er die nötigen Medikamente erhält. Dies ist vor allem auch für die Mutter eine grosse Erleichterung in der andauernd angespannten finanziellen Situation.

Joel und ich haben die Familien besucht, die wir in den letzten Jahren beim Bau ihrer Häuser unterstützt haben. Die Gastfreundschaft und Dankbarkeit ist beeindruckend. Auch wenn die aktuelle Situation von allen Armutsbetroffenen besonders viel abverlangt.

Die aktuelle Baustelle am Rande von La Vega, dort wo die Ärmsten leben: Leider ist auch in der Dom. Rep. aufgrund der Pandemie das Baumaterial knapp. Joel hat seit Wochen alles bestellt, doch treffen die Materialien nur teilweise und mit starker Verspätung auf der Baustelle ein. Dies führt zu weiteren Problemen: die Bauarbeiter suchen sich Arbeit auf anderen Baustellen. Wenn das Material dann eingetroffen ist, müssen zuerst wieder die Bauleute zusammengesucht werden… An logistischen und organisatorischen Herausforderungen mangelt es nicht. Vittoria kocht mit einfachsten Mitteln, doch alle werden versorgt. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass jeder auf jeden schaut und die Kleinsten werden von der ganzen Sippe gehütet. Die gegenseitige Fürsorge in der Siedlung ist beeindruckend.

Not und Leid

Der Familie ist das baufällige WC-Häuschen zusammengebrochen. Wir haben entschieden, den Ersatzbau sofort an die Hand zu nehmen. Kurz nach meiner Rückkehr erreichte mich dann eine traurige Botschaft: Der Mann auf dem linken Bild, ein Onkel von Joel, ist vor einigen Tagen an Covid verstorben.

Leider fordert Corona auch Opfer unter jüngeren Menschen, dies sicher auch aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung. Eine junge, alleinerziehende Mutter, der wir vor zwei Jahren ein Haus gebaut haben, ist kürzlich an Corona verstorben. Die Kinder leben nun beim Vater. Ein hartes Schicksal, wie es in diesem Land so oft vorkommt.

Bei dieser Familien, denen wir letztes Jahr ein Doppelhaus gebaut haben, wurde kürzlich eingebrochen. Die Familie war in dieser Zeit abwesend. Zuerst vergifteten die Diebe die beiden Hunde – ein übliches Vorgehen – damit in Ruhe die Häuser ausgeräumt werden können. Die Familie haben ihre Tiere würdig bestattet. Weil die Bewohner bitterarm sind, hatten wir beim Bezug der Häuser entschieden, ihnen auch einige Möbel und einen Kühlschrank zu finanzieren. Nun wurde alles geraubt. Sie stehen einmal mehr mit Nichts vor einer schwierigen Zukunft.

Demenz ist eine grosse Herausforderung in einer Umgebung, in der an eine fachgerechte Pflege nicht einmal zu denken ist. Die Frau leidet seit Jahren an einer seltenen Form von Alzheimer, die bereits sehr früh eingesetzt hat. Nun ist die Krankheit derart fortgeschritten, dass sie nur noch im Bett liegen kann; eine enorme Belastung für die Familie.

Joel im Gespräch mit Wellington. Wir hatten dem jungen Mann neue Zähne finanziert. Er hatte sämtliche Vorderzähne bei einem Unfall verloren. Nun hat sich herausgestellt, dass die Qualität der Arbeit und des Materials offensichtlich nicht unserem Standart entsprach: Die Implantate sind ihm herausgefallen. Wir versuchen herauszufinden, was zu tun ist bzw. wo eine qualitativ bessere Versorgung erhältlich ist und was es kosten würde ein solches Produkt zu implantieren. Wellington schämt sich sehr für sein Gebiss, Joel versucht ihn zu ermutigen.

Es war eine interessante aber auch anstrengende und herausfordernde Zeit in der Dom. Rep. Für Joel ist nicht einfach, sich immer wieder neu all diesen so vielfältigen  Nöten auszusetzen. Obwohl wir im vergangenen Jahr, coronabedingt, weniger Spenden weitergeben konnten, bleiben wir dran und wollen Joel und die armutsbetroffenen Menschen in La Vega unterstützen. Und so sind wir dankbar für jeden Betrag, der für unser Projekt einbezahlt wird.